Dienstag, 20. Mai 2014
Wie versprochen hier das Prüfungsprotokoll aus Potsdam vom 08.05.2014
Also ich war am Donnerstag, dem 8. Mai 2014 um 8.30 Uhr dran.

Wir saßen zu dritt drin. Wichtig in Potsdam ist die Reihenfolge der Stühle.
Der 1. Stuhl (an der Tür dran) ist auch der erste Prüfling (gegenüber die Amtsärztin Frau Linke), dann der 2.(gegenüber die erste Beisitzerin HP Frau Melhus) und der 3. (das ist der, der am Hauptschreibtisch der Amtsärztin am nächsten dran ist) (gegenüber HP Herr Schwarz).

Wir saßen alle mit den Beisitzern an einem Tisch und uns wurde erst einmal "Potsdamer Glückswasser" kredenzt, wie die Amtsärztin es augenzwinkernd nennt.

Die Gliederung pro Prüfling: (je ca 30min)
1. Einsprechthema

2. Fallbeispiel (Starring Frau Linke als Patient, sehr eindrucksvoll und allein von den schauspielerischen Fähigkeiten dieser Frau her schon ein Erlebnis, allein dafür lohnt es sich die Prüfung in Potsdam zu machen)

3. Frage(n) der Beisitzer

-Der erste Prüfling (ein junger Mann) hatte als Einsprechthema Informationssysteme des Körpers, was ihn leider etwas aus der Spur gehauen hatte, weil er mit diesem Begriff nichts wirklich anfangen konnte. Mit etwas Hilfe der Beisitzer und der Ärztin kam er dann drauf, dass sie das Nervensystem und das Hormonsystem meinte, konnte beide aber auch nicht gemeinsam in Verbindung bringen.

Als Fall spielte Frau Linke eine ca 35 jährige Patientin, die gerne in den Urlaub fahren will und eine Abdeckcreme/Paste haben möchte. Beim Nachfragen äußerte sie sich , dass sie blaue Flecken hätte, die unschön aussehen und die sie abdecken möchte. Prüfling Nummer eins kam leider nur auf Leukämie, konnte sich aber sonst keinen Reim auf die Flecke machen.

Frau Linke will hier eigentlich gerne eine offene Differentialdiagnose, wo allem voran Notfälle stehen, dann karzinogene Geschehen und eines ihrer Lieblingsthemen die hämorrhagische Diathese die sich z.B. bei Infektionskrankheiten abspielen kann. Was hier auch sehr wichtig ist, dass auf Gewalteinwirkungen, häusliche Gewalt auch eingegangen wird.

Bei den allgemeinen Fragen bekam er die frage was er als Heilpraktiker machen will, wo er sich auch noch nicht klar äußern konnte. (Er ist leider durchgefallen)

-Als zweiter Prüfling kam eine Frau.
Sie hatte als Einsprechthema das Thema Haut, was sie sehr gut ausführte. Die Beisitzerin zeigte ihr dazu noch Bilder von Kindern mit Hauterscheinungen, die sie einwandfrei als Windpocken und Mumps erkannte (Achtung, dies ist neu in Potsdam und wurde vorher nicht gemacht!)

Als Fallbeispiel bekam sie eine 79 Jährige Frau, die sich nach der Diagnose ihres Mannes, der gestern in der Praxis war erkundigen wollte. Sie wirkte fahrig und konnte sich auch nicht an den Namen ihres Mannes erinnern. Auch nicht wo sie wohnt. Sie erzählte auch, dass ihr Mann so komisch im Sessel sitzt seit gestern Nachmittag und auch nichts gegessen hatte und auch nicht ins Bett gekommen ist. „Er starrt nur vor sich hin und sagt nichts!“ Bei der frage wo sie wohnt kam keine Adressangabe, sie könne sich nicht an die Adresse erinnern und hat keinen Ausweis dabei, aber sie kann die Heilpraktikerin hinführen „Es ist gar nicht weit! Haben sie ein Auto? Ich fahre so gerne mit dem Auto, wissen sie? Können wir Auto fahren?“
Prüfling 2 macht eine sozialpsychologische Diagnose und will den SPD anrufen.
Zwischenfrage: „Was machen sie, wenn es schon nach 18Uhr ist und der SPD zu hat?“
Antwort:“Dann rufe ich die Polizei? „ „Was erzählen sie denen?“ „ Das hier eine offensichtlich verwirrte Frau sitzt, deren Wohnort und Namen nicht feststellbar ist, aber wohl die Polizisten ihr Zuhause zeigen kann/ sie hinführen kann.“ „Und was noch?“ Prüfling überlegt:-“Ach ja, ich habe den verdacht, dass ihr Mann einen Notfall erlitten hat und anscheinen Ohnmächtig oder sogar Tod zuhause sitzt. Gehen sie dem bitte nach!“ (Fall gelöst!)

Prüfling 2 ist Physiotherapeutin. Beisitzer 3Herr Schwarz fragt sie deshalb, was sie bei einem Patienten machen würde, der zur Krankengymnastik in ihre Praxis kommt und nach 5x KG keine Besserung eintritt. Sie tat sich mit der Frage etwas schwer, aber schlussendlich löste sie es indem sie ihn nochmal zum Arzt schickte, damit er ein MRT machen könnte um ein karzinogenes Geschehen auszuschließen. Vorher beschrieb sie aber auch noch die Testverfahren zum Ausschluss eines Prolaps.

Beisitzerin 2 Frau Frau Melhus fragte sie noch nach ihren Methoden, die sie anwenden will, wo sie meinte, sie will erst einmal auf der KG-Schiene bleiben und demnächst einen Akupunkturkurs machen. (Darauf wurde nicht weiter eingegangen)

- Dann war ich als Dritte dran:
Mein Einsprechthema war Blut (vor allem als Fenster der Diagnostik)
ich fing etwas schleppend an mit der groben Blutzusammensetzung und der Aufgabe des Blutes sowie dem Blutkreislauf (War etwas gelähmt ), dann gab die Amtsärztin mir den Tipp, ich solle doch mal erzählen, was für Diagnosen man mit dem Blut anfangen könne. Ich erzählte ein wenig über die Leukozyten und über das BSG-Verfahren und über die Anämie und Leukämiediagnostik. Dann kam ein Einwurf von der Amtsärztin: „ Denken sie mal an Schwangerschaft!“ und dann war der Knoten wirklich geplatzt. Ich erzählte von der Wichtigkeit der Kontrolle des Blutzuckers während der Schwangerschaft und der Gefahr der Schwangerschaftsdiabetes, und vom Titer vor allem von Röteln und Ringelröteln, und über die Toxoplasmose, wo ich auch gleich die Gefahren in den verschiedensten Schwangerschaftsstadien der jeweiligen Krankheiten mit einband und auch gleich auf den Tisch packte, dass ich sie nicht behandeln dürfte, da sie im Infektionsschutzgesetz stehen. Ich bezog mich bei den Krankheiten auch auf die Überträger, wie Katzen und Katzenklo für die Toxoplasmen und ging darauf ein, dass zum Beispiel Erzieher und Lehrer ohne ausreichenden Röteln und Ringelröteln -Titer für den verlauf der Schwangerschaft ein Berufsverbot haben, da Kindergärten und Schulen Hauptinfektionsort dieser Erkrankungen sind.

Mein Fallbeispiel war aufgrund meines Vortrages sehr kurz und eindeutig (Was selten in Potsdam ist, da Frau Linke eigentlich sehen möchte, dass wir eine möglichst breit gefächerte Differentialdiagnose erarbeiten)
Sie spielte eine 69 jährige Frau, die in die Praxis kam und eine Tinktur haben wollte zur Durchblutungsförderung. Ihre Oma („Gott hab sie selig!“) hatte früher wohl immer eine so tolle Tinktur von einem Heilpraktiker bekommen, die richtig schön gewirkt haben soll.

Ich sagte der Patientin erst einmal, dass ich mir vorstellen kann, was es für eine Tinktur sein kann, aber ich darf rechtlich keine Tinkturen herstellen und verkaufen, aber ich würde mir erst einmal ganz in Ruhe ihre Probleme anhören, ein paar Tests machen wollen und kann ihr gegebenen Falls einen Zettel mit einer Tinkturempfehlung für die Apotheke unten im Haus geben, die das dann zusammenrühren kann und ihr verkaufen würde. Damit war die Patientin ruhig gestellt und ich konnte mit der Diagnose beginnen.

Beim Nachfragen äußerte sie ein Missgefühl im linken Arm „Es ist so komisch da!“ und kniff sich immer in den Arm und rieb dran. Ich wollte, dass sie das „Komisch“ beschreibt und legte ihr den Begriff Ameisenlaufen in den Mund, da ich eine Parese vermutete, was sie verneinte. Ich fragte sie ob der Arm taub sei und bekam ein Ja von der Patientin.

Ich wollte unter dem Arm und in der Brustgegend nach dicken Lymphknoten und Tumoren tasten, was sie daraufhin meinte, dass der Befund negativ ist. (Krebsgeschehen abgehakt).

Ich fragte wie lange sie das Taubheitsgefühl hat und sie antwortete seit ca 5 Tagen worauf ich gleich einging ob da etwas bestimmtes war, ob sie sich schwindlig, komisch gefühlt hätte. Ja und ihr sei auch so furchtbar schlecht gewesen und danach war der Arm taub. Der verdacht des Schlaganfalls stand im Raum. Ich lies die Patientin ein paar wenige Schritte gehen(humpeln) und wendete mich an die Beisitzer.

Denen erklärte ich, dass ich jetzt die Feuerwehr rufen würde, da die Frau einen Schlaganfall erlitten hat. Ich erklärte die Vorgehensweise beim Anruf und was ich hinterher mit der Patientin machen würde. Da der Anfall schon 5 Tage her war, habe ich es in der Praxis ruhiger abgehen lassen und der Patientin erklärt, dass ich jetzt den Krankenwagen rufe und sie vorsichtshalber wegen eines Schlaganfallverdachtes ins Krankenhaus bringen lasse.

Ich erklärte, dass ich mich in der Wartezeit in Ruhe bei einem Tee mit der Patientin über das vorgehen im Krankenhaus unterhalten würde und über Banalitäten um sie möglichst ruhig zu halten, da Stress und Panik einen zweiten Anfall auslösen könnten, was ich nicht will.

Ich bekam dann auch noch die Frage was ich nach der Prüfung machen will und antwortete, dass ich erst einmal ein Praktikum bei einer Freundin machen würde, die Akupunktur macht und wenn es mir gefällt hätte ich die Möglichkeit einen Kurs im September zu beginnen. Damit waren die Beisitzer auch zufrieden. (Tipp, wenn man in Potsdam erzählt, dass man schon einen Kurs gemacht hat, dann stellen sie durchaus auch wirklich fragen zu den Behandlungsgebieten, die man anbieten möchte. Sprich will man das vermeiden, dann hat sich die Taktik bis jetzt bewährt, das man sagt man hat die und die Interessen und will dann und dann einen Kurs machen.)

(Auch ich habe die Prüfung bestanden)

Die Atmosphäre war während der gesamten Prüfung sehr angenehm und locker. Die Amtsärztin, die Beisitzer und auch die Sekretärin der Amtsärztin waren sehr interessiert daran, dass wir die Prüfungssituation nach der Prüfung nochmal ein Resümee abgeben, wie wir die Prüfung fanden und uns selbst in der Prüfungssituation einschätzen.

Viele (eigentlich immer Leute, die durchgefallen sind) erzählen schreckliche Dinge über den Prüfungsort Potsdam. Sie bezeichnen die Amtsärztin als falscher Drache, der nur dazu da sitzt um sie fertig zu machen.

Ich will ein für alle Male feststellen, dass dem NICHT so ist. Wir bekommen Hilfestellungen und die Amtsärztin wie auch die Beisitzer gehen sehr gut auf uns Prüflinge ein. Sie merken wenn wir Prüfungsangst haben, aber drehen uns keinen Strick daraus.

Wenn wir allerdings die Hilfen nicht mitbekommen und nach 5 maligen erklären immer noch nichts Vernünftiges bei herum kommt, dann muss man sich nicht wundern, dass auch ein geduldiger Mensch mal sagt: „Es hat kein Sinn!“

In diesem Sinne schließe ich auch dieses Protokoll!

Macht euch keinen Stress, bleibt locker und freut euch auf die Schauspielkünste einer wirklich tollen Frau.

Sie wollen nur wissen ob ihr begriffen habt, was ihr gelernt habt, denn auswendig lernen kann jeder, aber die Zusammenhänge erkennen, das ist die Kunst, die uns als Heilpraktiker Erfolge im Berufsleben bringt.

Viel Glück allen Potsdamprüflingen!!!

Liebe grüße
Moira

P.S.: Ich würde mich freuen, wenn hier drunter in den Kommentaren weitere Prüfungsprotokolle aus Potsdam landen würden (Bitte aus rechtlichen Gründen immer nur die eigenen Protokolle).

Damit helft ihr anderen Heilpraktikeranwärtern sehr sich auf die mündliche Prüfung in Potsdam vorzubereiten.